EFOS Manifest

                         Älterenbildung - Lebenslanges Lernen

Der demographische Wandel wird in ganz Europa in den nächsten zwei Jahrzehnten an Dynamik zunehmen. Damit verändern sich auch Strukturen, Bedingungen und Aufgaben in der Gesellschaft, Wirtschaft und Bildung. Von dieser Veränderung ist auch das Konzept des Lebenslangen Lernens betroffen, dem sich die European Federation of Older Students  (EFOS) verpflichtet fühlt.

Lebenslanges Lernen in allen Lebensphasen ist eine notwendige Grundlage für eine wissensbasierte Gesellschaft. Die Chancen, dem demographischen Wandel aktiv zu begegnen, hängen wesentlich davon ab, inwieweit es gelingt, die Fähigkeiten, Kompetenzen,  Stärken und Erfahrungen der älteren Generationen in die Gesellschaft einzubringen. Hierfür notwendiges bürgerschaftliches Engagement braucht lebenslang lernende Bürger aller Schichten. Damit wird es notwendig, realistische und differenzierte Bilder vom Alter zu entwickeln. Diese beruhen „vielfach […] noch auf der Wahrnehmung früherer Generationen“[1], werden der Vielfalt des Alters häufig nicht gerecht und hindern ältere Menschen sogar an ihrer Persönlichkeitsentfaltung. Da viele Ältere in der nachberuflichen Phase ihr gesellschaftliches Engagement und das aktive Gestalten ihres Umfeldes fortzusetzen wünschen[2], ist gleichfalls eine Korrektur der Einstellung zu Fragen der Bildung der Älteren erforderlich, zum einen in Bezug auf die allgemeine und berufliche Fort- und Weiterbildung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zum anderen hinsichtlich von Bildungsangeboten im „echten Ruhestand“.

Auf die Leistungsfähigkeit, die Kreativität und die Innovationskraft auch jenseits der Lebensmitte kann und darf im Interesse des einzelnen Individuums, der nachfolgenden Generationen und der demographischen Herausforderungen nicht verzichtet werden. In diesem Zusammenhang können die älteren Generationen in bedeutendem Maße dazu beitragen, ein Generationen und nationale Grenzen überschreitendes Bewusstsein zu entwickeln und weiterzugeben.

Das Lebenslange Lernen gilt für alle Schichten und Altersklassen der Bevölkerung. Deshalb ist die Weiterbildung auf allen Bildungsniveaus auch für Senioren zwingend notwendig. Eine gut funktionierende Demokratie setzt gut gebildete und informierte Bürger bis ins hohe Alter voraus!  

 

Appell an die Politik

Für das Funktionieren von Demokratie in Europa, das Erhalten und Ausbauen von Innovationsfähigkeit und Wirtschaftswachstum und die in diesem Kontext insgesamt zu bewältigenden gesellschaftlichen Zukunftsaufgaben ist es seitens der Politik  nicht nur erforderlich, „Bildung als Recht  und Pflicht für alle Lebensalter“[3] lediglich anzuerkennen, es bedarf darüber hinaus:

  • der Schaffung von Strukturen, die Älteren einen gleichberechtigten und ungehinderten Zugang zu hochwertigen und vielfältigen Lern-, Fortbildungs- und Weiterbildungsangeboten ermöglichen,
  • der Verabschiedung von Bildungsgesetzen durch die nationalen Regierungen, die die Einrichtung und finanzielle Begleitung entsprechender Bildungsinstitutionen (insbesondere an Universitäten, Hoch-und Fachhochschulen) und die gleichberechtigte Integration Älterer in bildungspolitische Fragen gewährleistet sowie eine Multi-Source-Finanzierung für die Bildung Älterer als Teil einer Generationenpolitik initiiert,
  • der Forcierung eines europaweiten intergenerationellen Vergleichs von Bildungsaktivitäten, -gewohnheiten, -notwendigkeiten und -interessen im gesamten Lebensverlauf.

 

Appell an die Hochschulen

Insbesondere die Universitäten und Hochschulen sind Orte des Lebenslangen Lernens, an denen Menschen aller Altersgruppen lernen und ihr Wissen auf den neuesten Stand bringen können. Daher kommt ihnen in der Bewältigung der Herausforderungen der Zukunftsaufgaben eine besondere Bedeutung zu.

Generationenübergreifende Bildung heißt daher in der gegenwärtigen Hochschulentwicklung, gesellschafts- und berufsbezogene Fort- und Weiterbildung anzubieten. Diese Forderung ist in das Leitbild der Hochschulen aufzunehmen.

Die Hochschulen haben entsprechend dieses Leitbildes die Aufgabe, Fragen der Kultur der europäischen Gesellschaften und einer gesellschaftlich erforderlichen neuen Alterskultur als Forschungsschwerpunkte aufzunehmen. Es geht dabei um die Formulierung eines neuen Leitbildes des Alterns und des Alters.

Die Hochschulen sind in diesem Kontext gefordert, zielgruppenorientierte Veranstaltungsprogramme für ältere Erwachsene anzubieten. Dabei sind kognitive und emotionale Interessen und Motive, u.a. Motive bezüglich der Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung der Adressatinnen und Adressaten zu berücksichtigen.

 

Appell an die Älteren

In Bezug auf eine spezifische Älterenbildung sind Empowerment und Kompetenz im Alter wesentliche Faktoren. Diese implizieren Selbstbestimmung, die Fähigkeit und die Freiheit, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, eigene Vorstellungen zu formulieren, Entscheidungen zu initiieren und Politik auf allen Ebenen aktiv mitzugestalten.

Aus diesem Grunde ist es erforderlich:

  • Aktiv teilzunehmen am Bildungsangebot der Universitäten und Hochschulen für Ältere und damit den Veranstaltungen extra Inhalt und Tiefe zu geben, aktiv an der Gestaltung des Programms mitzuwirken, eigene Vorschläge einzubringen und den Dialog mit jungen Studierenden zu suchen ohne die Diskussion zu dominieren.
  • Sich aktiv einzusetzen für den Erhalt und den weiteren Ausbau des Älterenstudiums und zu zeigen, dass die Älterenbildung Notwendigkeiten, Interessen und Bedürfnissen entspricht. Dabei ist es notwendig, die Arbeit der Organisatoren und Studierendenvertretungen zu unterstützen und eigene Netzwerke zu bilden zur Propagierung der Bildung im Alter in der Öffentlichkeit. Damit werden die positiven Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden und auf die gesellschaftlichen Erfordernisse und Entwicklungen verdeutlicht.
  • Die Beteiligung an Netzwerken, Konferenzen, Symposien, Projekten zu initiieren und auszubauen. Kontakte bereichern das Leben. Der Kontakt mit älteren Studierenden in anderen (europäischen) Ländern über internationale Organisationen wie die EFOS und die Beteiligung an internationalen Projekten (z.B. als Teil des Grundtvig-Programms der EU)  tragen wesentlich zum kulturellen Austausch zwischen Studierenden, Ländern und zu einem besseren gegenseitigen Verständnis bei.

Die Einbringung der erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in die Gesellschaft wird beispielhaft den Wert und die Wirkung einer breiten Älterenbildung für die notwendige gesellschaftliche Weiterentwicklung verdeutlichen.

19. Juli 2012


[1] Friebe, Jens/ Melanie J. Tröller: Weiterbildung in einer alternden deutschen Gesellschaft. Bestandsaufnahme der demografischen Entwicklungen, des Lernens im höheren Lebensalter und der Perspektiven für die Weiterbildung. http/www.die-bonn.de/publikationen/online-texte/index.asp 2008, S. IV.

[2]Vgl. ebd., S. V.

[3] In: Sechster Altenbericht. In: Ebd., S. VI.

 

 

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